EDWARDS LIFESCIENCES GG. MERIL
UPC_CFI_15/2023, München (Stand 30.11.23)
Gerade in der Anfangsphase des Einheitlichen Patentgerichtes kann es zu Schwierigkeiten im Umgang mit dem neu eingeführten Case-Management-System und dem neuen Verfahrensrecht generell kommen. Geboten sei daher eine „praktikable Handhabung“ der sich in diesem Zusammenhang stellenden Herausforderungen. So äußert sich sinngemäß der vorsitzende Richter der Lokalkammer München Dr. Zigann in der oben bezeichneten Entscheidung.
Aufgrund dessen wird der Beklagten hier ausnahmsweise eine Fristverlängerung zur Einreichung der Klageerwiderung gewährt, obwohl sich aus den im Antrag vorgebrachten Gründen ganz allgemein keine Rechtfertigung für eine Fristverlängerung ergibt.
Das Gericht stellt nämlich klar, dass das Vorbringen der Beklagten, eine Angleichung des Fristenregimes mehrerer Streitgenossen zu erwirken, an welche zu divergierenden Zeitpunkten zugestellt wurde, grundsätzlich keine Fristverlängerung rechtfertigt. Dieser Fristengleichlauf könne nämlich vielmehr auch durch Verkürzung derjenigen Frist erreicht werden, die für den Streitgenossen läuft, an welchen zum späteren Zeitpunkt zugestellt wurde.
Die Ermessensentscheidung des Gerichts fußt auf Regel 9.3 der Verfahrensordnung. Hiernach kann das Gericht auf einen mit Begründung versehenen Antrag einer Partei eine in der Verfahrensordnung vorgesehene oder vom Gericht festgesetzte Frist - auch rückwirkend – verlängern (lit. a) oder eine solche Frist verkürzen (lit. b).
Spannend könnte zukünftig werden, wie die dem Gericht eingeräumte „Fristverkürzungs-Kompetenz“ gehandhabt wird. Der Antrag auf die Verkürzung einer Frist kann nämlich dem Wortlaut nach auch von der gegnerischen Partei gestellt werden und ist de facto wohl auch nur für diese eine sinnvolle Prozessmaßnahme. Eine Verkürzung kommt etwa dort in Frage, wo sich eine eingeräumte Frist als unnötig lang erweist und die Umstände unmittelbar implizieren, dass das geforderte Verhalten auch innerhalb eines kürzeren Zeitraumes herbeigeführt werden kann oder falls sich später eine besondere Eilbedürftigkeit des Falles herausstellt und die verkürzte Frist der betreffenden Partei weiterhin zumutbar ist.
Mitzunehmen ist aus der Entscheidung jedenfalls, dass das EPG der sich aus der Neuheit des Verfahrensrechtes zwangsläufig ergebenden Komplikationen bewusst ist und sie zumindest im Anfangsstadium nicht zu ignorieren scheint.