OERLIKON gg. HIMSON

UPC_CFI_127/2023, Mailand (Stand 5.10.23)

Es handelt sich um die erste veröffentlichte Entscheidung des EPG überhaupt. Der Originaltext ist auf italienisch, weshalb wir eine Maschinenübersetzung bereitstellen.

Die Entscheidung ist sehr hilfreich, weil sie eine Handreichung für die Formulierung von Beweissicherungsanordnungen in Messefällen liefert (vgl. den teilweise abweichenden unverbindlichen Leitfaden des Präsidiums). Danach können die Anträge wir folgt gestellt werden:

Das Gericht

  1. ordnet die von der Antragstellerin beantragte Beweissicherung an und ermächtigt
    dementsprechend die Antragstellerin , über den örtlich zuständigen Gerichtsvollzieher und den
    nachstehend benannten Sachverständigen Kopien aller technischen, werbetechnischen
    und/oder kommerziellen Unterlagen in beliebigem Format über die mit den Bezeichnungen X1 und X2 bezeichneten Textilmaschinen anzufordern, die hergestellt und/oder die von der Antragsgegnerin vermarktet und beworben werden und die am Stand der Antragsgegnerin auf der Messe XY zu finden sind;
  2. ernennt als Sachverständigen zum Zwecke der Durchführung XX, der sich in Abstimmung mit der Antragstellerin an den örtlich zuständigen Gerichtsvollzieher wenden wird;
  3. ermächtigt die Antragstellerin, bei der Beweissicherung durch seine
    Vertrauensanwälte und einen technischen Berater seines Vertrauens anwesend zu sein,
    wobei anderen Vertretern, Angestellten oder Bediensteten der Antragstellerin die
    Anwesenheit bei der Durchführung der Maßnahme ausdrücklich untersagt ist;
  4. weist den Sachverständigen an, einen schriftlichen Bericht über die durchgeführten
    Arbeiten zusammen mit den gesammelten Unterlagen unmittelbar nach deren Abschluss,
    spätestens jedoch bis zum XX bei der Kanzlei des Gerichts einzureichen;
  5. ordnet an, dass die von dem Sachverständigen eingeholten Informationen bis zu einer
    weiteren Anordnung des Gerichts nur den beiden Verteidigern der Antragstellerin und einem
    ihrer technischen Sachverständigen zugänglich sind, die in dem im vorstehenden Absatz
    genannten Bericht namentlich aufgeführt sind, wobei die Weitergabe der eingeholten Informationen an Dritte untersagt ist;
  6. Die Vollstreckung des Beschlusses muss nach den Vollstreckungsverfahren und -bedingungen erfolgen, die im Recht des italienischen Staates, in dem die Maßnahme durchgeführt wird, vorgesehen sind;
  7. erklärt diesen Beschluss ohne weitere Bedingungen für sofort vollstreckbar;
  8. ordnet an, dass das Ergebnis der Beweissicherungsmaßnahmen gemäß § 196 Absatz 2 der
    Verfahrensordnung in Ermangelung eines neuen Beschlusses des Gerichts nur im
    Verfahren zur Hauptsache in derselben Rechtssache verwendet werden darf;
  9. wird dem Antragsteller aufgegeben, den Antrag auf Erlass der Maßnahme zusammen mit
    einer Abschrift dieses Beschlusses unverzüglich nach Vollstreckung der Maßnahme gemäß
    den in Italien geltenden Vorschriften über die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke
    zuzustellen;
  10. Die Antragstellerin wird verurteilt, den festgesetzten Beitrag bis zum XX gemäß Artikel 371 Absatz 3 der Verfahrensordnung zu hinterlegen;
  11. weist die Kanzlei an, den bestellten Sachverständigen telefonisch zu benachrichtigen;

 Die weiteren Punkte des Verfahrens sind schnell zusammengefasst. Der Antrag wurde zunächst wegen "äußerster Dringlichkeit" (Regel 194.4) beim Ständigen Richter (Regel 345.5) eingereicht. Der Ständige Richter hielt sich aber für nicht zuständig, weil es sich nicht um einen Fall äußerster Dringlichkeit handelte. Der Antrag sei am 12. Juni nachmittags eingereicht worden und die Messe endete erst am 14. Juni. Die Sache würde daher an den Vorsitzenden Richter der Lokalkammer in Mailand verwiesen (Beschluss). Aufgrund "extremer Dringlichkeit" wies der Vorsitzende Richter die Sache dann dem Einzelrichter zu.

Die Voraussetzungen der Beweissicherungsanordnung werden in der Entscheidung summarisch geprüft. Das Gericht befand es für ausreichend, dass die Antragstellerin eine Hauptsacheklage ankündigte, hinreichende Indizien für eine Patentverletzung seien vorgetragen worden. Aus Zeitgründen und zur Vermeidung einer Beweisvereitelung wurde die Anordnung ohne Anhörung des Gegners erlassen und für sofort vollziehbar erklärt. Aus Zeitgründen wurde ebenfalls auf eine Sicherheitsleistung und eine vorherige Zahlung der Gerichtsgebühren verzichtet.

Eine entsprechende Beweissicherungsanordnung erging außerdem in einem parallelen Verfahren gegen einen anderen Aussteller auf der gleichen Messen (OERLIKON gg. BHAGAT, UPC_CFI_141/2023).